Natur und Regionen 14.11.2012

Badewetter in Greifenstein

Badewetter in Greifenstein - VERBUND

„Wenigstens bläst der Wind nicht“, bemerkt Betriebsingenieur Peter Hegny vom Donaukraftwerk Greifenstein. Nach 36 Dienstjahren bei Donaukraftwerken kennt er auch viel ungemütlichere Witterungen. Er führt das ORF-Kamerateam an die Schifffahrtsschleuse des Kraftwerks Greifenstein, die derzeit auf die vorgeschriebene Revision vorbereitet wird.

Um Lager, Dichtungen und Verschlüsse der mächtigen Schleusen-Tore zu inspizieren, muss die 230 Meter lange Schleusenkammer komplett entleert werden. Damit kein Wasser nachströmt, setzt ein mächtiger Schwimmkran fünf jeweils 60 Tonnen schwere Riegel ein.

 

Diese müssen dicht aufeinander setzen, um den Wassermassen der Donau Stand zu halten. Diese Dichtung ist Arbeit der Taucher wie Benjamin Hoprich. Der Berufstaucher steckt in einem wasser- und gasdichten Anzug und muss in 14 Metern Tiefe nur durch seinen Tastsinn feststellen, ob die Räume zwischen den Dammbalken frei sind und der Balken richtig aufsitzt.

 

 

Beim dritten Tauchgang entdeckt er etwas, das sich zwischen den Balken verklemmt hat. Über Funk teilt er es seinem Kollegen Gerhard Frank mit. Dieser gibt dem Schwimmkran ein Zeichen, die Dammtafel nochmals anzuheben, damit der Taucher die Zwischenräume frei machen kann. 

Kapitän Karl Zeilhofer hat das 80 Tonnen schwere Wasserfahrzeug fest im Griff. Er kann auf die Erfahrung von 22 Jahren am Schiff zurückgreifen. Die Kommunikation läuft über Funk und Handzeichen

Bei nassfeuchter November-Kälte sind wir froh um die Schwimmwesten, die wir auch als Besucher sicherheitshalber tragen müssen. Die Kai-Mauer ist glitschig und von Vogelkot verunziert. Bei Wasser dieser Kälte wäre an Schwimmen nur kurz zu denken. Zu schnell kühlt der Körper aus und bricht der Kreislauf zusammen.

Taucher Hoprich schwört da auf Schi-Unterwäsche in seinem Taucheranzug. Den fünften Balken wird er nicht mehr begleiten, da wird sein Kollege Thomas Vondal ablösen. Das Team ist gut eingespielt und muss sich buchstäblich blind aufeinander verlassen können. Die Arbeit in völliger Dunkelheit ist nichts für schwache Nerven. Die Sicherheitsstandards sind hoch, Kabel dick und für den absoluten Notfall hat der Taucher noch eine Reserve-Sauerstoffflasche dabei.

Gerade im Winter können die Taucher nicht über Langeweile klagen, denn die Zeit geringer Wasserführung bedeutet Hochbetrieb an den Kraftwerken: überall werden Maschinen abgedichtet und inspiziert.

Die Wartung der Schleusen zählt an der Donau mit zu den Aufgaben von VERBUND als Kraftwerksbetreiber. Mit einer Zahl überrascht uns Peter Hegny dabei: mit dem Wasser, das ein Schleusungsvorgang (der für die kommerzielle Schifffahrt gratis ist) benötigt, könnten die Turbinen in Greifenstein den Jahres-Stromverbrauch eines Haushaltes erzeugen. 10 Millionen Tonnen Güter und 1,1 Mio. Passagiere wurden im Vorjahr transportiert. Das erspart das Verkehrsaufkommen von über 800 LKW täglich.