Natur und Regionen 12.09.2014

Tauchen im Trüben

Sichtweite 20 Zentimeter

Jede Baumaßnahme an einer Kraftwerksturbine beginnt mit einem Taucheinsatz. Wer eine so gewaltige Maschine abdichten möchte, braucht entsprechend große Absperr-Vorrichtungen. In der Fachsprache sind es „Dammbalken“- jeder für sich 30 Tonnen schwer. Der erste, unterste Balken ist der Schwierigste. Die Taucher müssen den Untergrund, etwa 20 Meter unter der Wasseroberfläche, untersuchen und säubern. 

Heute ist Andreas Schredl an der Reihe, ins Wasser zu steigen. Ein geschäftiges Kamera-Team wuselt um den Berufstaucher, der sich davon sichtlich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Er kennt die Donau-Kraftwerke und die einzige Verzögerung könnten unerwartet große Schlamm-Mengen oder Treibgut sein, die die Donau an den Rechen des Turbineneinlaufs angeschwemmt haben könnte. Er freut sich auf die „Schwerelosigkeit unter Wasser“. An Land braucht er die Hilfe der Kollegen für die schwere Ausrüstung mit Helm und Bleigewichten.


Schon nach dem ersten Tauchgang ist klar: heute geht es flott. Die Sicht ist für Donauverhältnisse ausgezeichnet, also etwa 20 Zentimeter weit. Der Schlamm lässt sich leicht beseitigen. Überraschungen gab es keine (zur Enttäuschung des Kamerateams, die gerne ein Seeungeheuer oder einen angeschwemmten Goldschatz gefilmt hätten). „Der Beruf ist weit weniger gefährlich, als es für Außenstehende scheint“, relativiert er bescheiden die Herausforderungen seiner Arbeit. Dennoch muss man eine ganz besondere Affinität zum Wasser mitbringen, wenn man bei einer Sicht von maximal 20 Zentimetern am Grund der Donau bewährt mit Bleigewichten auf dem Bauch robbt und die einzige Verbindung zur Oberfläche ein Kabelbündel und der Sprechfunk sind.



Genau deswegen ist die Teamarbeit wichtig. Der „Signalmann“, heute ist es Thomas Vondal- hält Sprechverbindung mit dem Taucher und mit den Kraftwerksarbeitern, die ihrerseits dem Kranführer Signal geben. Luftversorgung, Tauchtiefe und Tauchzeit werden protokolliert. Zur Sicherheit hat Andreas Schredl auch eine eigene Sauerstoff-Flasche mit, die ihn versorgen könnte, falls seine „Nabelschnur“ ausfiele. „Körperliche Fitness ist Grundvoraussetzung. Wer sich nicht hundertprozentig wohl fühlt, sollte nicht ins Wasser steigen und die Arbeit an dem Tag lieber den Kollegen überlassen- und wer Angst verspürt, kommt für den Beruf nicht in Frage“, so Schredl. 



Während Andreas Schredl eine kurze Verschnaufpause in der Sonne genießt, lassen die Kraftwerker den ersten Dammbalken zu Wasser. Erst, wenn er am Grund angelangt ist, steigt der Taucher wieder hinunter und prüft, ob der Balken dicht liegt. Dann geht es vergleichsweise flotter voran: Einer nach dem anderen werden die Verschluss-Teile vom großen Portalkran herangebracht und zentimeterweise eingepasst. Der Arbeitsgang dauert pro Dammbalken dennoch über eine Stunde- um die damit der wohlverdiente Ruhestand der Maschine 4 näher rückt. 


Mehr zum Effizienzsteigerungsprojekt Ybbs2020 findet Ihr hier: www.verbund.com/ybbs2020