Nachhaltigkeit und Energiewende 13.06.2016

Nachgefragt: Wie schaffen wir Barrierefreiheit?

Ein barrierearmes Unternehmen für die Energiezukunft - VERBUND

flow_Frau Sobotka, Sie sind selbst Rollstuhlfahrerin: Wo stoßen Menschen mit Behinderungen in der Öffentlichkeit auf Barrieren?

Maria Sobotka_Für mich sind es vor allem bauliche Barrieren und da oft ganz alltägliche Herausforderungen – wie ein Eingang mit vier Stufen, eine zu kleine Toilette oder ein U-Bahnaufgang ohne Lift. Für andere Leute gibt es andere Schranken: Stellen Sie sich zum Beispiel einen blinden Menschen im Wahllokal vor. Wie kann er die Wahlinformation lesen? Wie kann er wissen, wo er das Kreuzerl machen soll, ohne auf das Wahlgeheimnis oder gar auf sein Wahlrecht zu verzichten?

flow_Seit 2016 müssen heimische Unternehmen – sofern zumutbar – all ihre Services barrierefrei anbieten. Warum nutzt das auch den Firmen?

Sobotka_Ein Fünftel der Bevölkerung hat eine Beeinträchtigung. Jeder Unternehmer muss sich also fragen: Kann man auf 20 % Marktanteil verzichten? Die Antwort ist „Nein“! Barrierefreiheit ist zwar ein sehr lobenswertes Ziel, aber – und vor allem – wirtschaftlich getrieben.

flow_Als Access Managerin bei VERBUND ebnen Sie seit zwei Jahren den Zugang zum Unternehmen für Belegschaft und Kunden. Wie gehen Sie diese Aufgabe an?

Sobotka_Es gibt viele Arten von Beeinträchtigungen und noch viel mehr Formen von Barrieren. Meine Aufgabe ist, diese aufzuspüren und mit den Kolleginnen und Kollegen der jeweiligen Fachbereiche und Tochtergesellschaften zu beseitigen. Aktuell arbeiten wir etwa an einem Brandschutz-Projekt: Künftig wird sich auf jedem Stock im VERBUND-Gebäude eine Sammelstelle befinden. Im Notfall können mobilitätseingeschränkte Menschen von dort evakuiert werden. Ein anderes Beispiel: Die Sammlung VERBUND hat Maßnahmen für Rollstuhlfahrer erarbeitet und umgesetzt. Wir haben, soweit es ging, die Kunstwerke niedriger gehängt. Weil das Glas der Bilder aus Sicht der Betroffenen gespiegelt hatte.

flow_Sie selbst sind mit vielen Personen mit Beeinträchtigung in Kontakt. Hilft Ihnen das, neue Perspektiven zu gewinnen?

Sobotka_Ja, denn manche Probleme entgehen auch meiner Empathie. Zum Beispiel wusste ich nicht um die Barrieren für Sehbeeinträchtigte, wenn sie eine Website verstehen wollen. Um auf solche Hindernisse hinzuweisen, rege ich intern auch Schulungen an. Beim letzten Seminar konnten wir unter anderem Brillen tragen, die eine Sehbehinderung simulierten. Inputs hole ich mir aber auch von externen Experten.

flow_Viele VERBUND-Kraftwerke sind öffentlich zugänglich. Sind diese auch barrierefrei?

Sobotka_Es ist einiges sowieso da. Gewisse Hindernisse lassen sich jedoch nur schwer beseitigen beziehungsweise müssen auch gar nicht aus dem Weg geräumt werden. Denn es hängt von der Zielgruppe ab, was eine Barriere ist und was nicht. Für Kunden soll es künftig Access-Statements geben. User können dann online nachlesen, wie es bei den Kraftwerken aussieht. Wie hoch sind die Schwellen? Gibt es ein Geländer? Mit einer detaillierten Beschreibung kann jeder eigenständig entscheiden, ob ein Besuch machbar ist.

flow_Freier Zugang ist auch im Online-Bereich ein großes Thema. Gibt es dazu VERBUND-Projekte?

Sobotka_Ja, aktuell sehen wir uns unsere Website diesbezüglich an. Im Bereich Barrierefreiheit streben wir den höchsten Standard an. Egal, ob der User farbenblind oder gehörlos ist oder ob der PC keine Maus zur Navigation bietet: Jede Information muss für ihn auf allen Endgeräten abrufbar sein.

flow_Wann haben Sie Ihre Mission erreicht?

Sobotka_Fertig ist man nie. Zum Beispiel wollen wir bald dem disAbility Performance Wirtschaftsforum beitreten, um uns weitere Anregungen zu holen. Einige namhafte Unternehmen – wie REWE, Bank Austria oder Novartis – sind bereits Mitglied und erkennen die Vorteile einer gelebten Disability Strategie. Meiner Meinung nach wäre es sinnvoll, sich als Unternehmen da einzureihen.

flow_Vielen Dank für das Gespräch!

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© Titelbild: VERBUND

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