VERBUND entwickelt Lawinen-Informationssystem ARIS
„Wir vom VERBUND, Österreichs führendem Elektrizitätsunternehmen, haben uns vor vier Jahren sehr gerne dazu entschlossen, gemeinsam mit österreichischen Experten ein Lawinen-Informationssystem zu entwickeln, und sind jetzt stolz darauf, ARIS (das ,Avalanche Risk Information System‘) präsentieren zu können“, erklärte VERBUND-Forschungsleiter Univ.-Prof. Gerhard Schiller heute, Donnerstag, bei einem Pressegespräch im Tiroler Galtür.
„Mit ARIS wollen wir allen verantwortlichen Lawinenexperten, die bei Gefahr schwierige Entscheidungen rasch zu treffen haben, eine voll internet-taugliche, Tag und Nacht verfügbare Anwendung bereitstellen, welche die Prognosesicherheit erhöhen soll“, sagte Schiller. „Damit eröffnen sich neue Chancen im Kampf gegen den Weißen Tod.“
Für ARIS wurden an Entwicklungskosten ingesamt rund acht Millionen Schilling (580.000 EUR) vom VERBUND aufgewendet.
Für den VERBUND haben Arbeitnehmerschutz sowie Anlagen- und Betriebssicherheit seit Jahrzehnten große Bedeutung. Als Folge katastrophaler Lawinenabgänge beim Bau der Speicheranlagen von Kaprun wurde erstmals in Österreich von den Tauernkraftwerken bereits 1956 ein werkseigener Lawinenwarndienst eingerichtet. Der Aufbau einer Expertengruppe, die von Anfang an mit hohem technischem und wissenschaftlichem Aufwand arbeitete, gilt heute als Pionierleistung in der Lawinenwarnung.
Die kontinuierliche, standardisierte Lawinendokumentation in den Werksgruppen Kaprun und Zillertal hat ein homogenes, hochqualitatives Datenmaterial erbracht, das in Güte und Umfang weltweit einmalig ist. Es war Grundlage für die Entwicklung des Prognosemodells ARIS. Nach aufwendiger Analysearbeit wurden moderne mathematische Modelle erstellt, adaptiert, verfeinert und durch physikalische Modelle ergänzt.
Wissenschaftern der Wiener Universität für Bodenkultur unter Leitung von Dipl.-Ing. Dr. Karl Kleemayr (Institut für Alpine Naturgefahren) ist nun der Durchbruch gelungen. Die ARIS-Ergebnisse zeichnen sich durch eine erstaunlich hohe Treffergenauigkeit in der Lawinenvorhersage aus.
Das System berechnet auf Basis vorhandener Wetterdaten und zusätzlichen Angaben die Wahrscheinlichkeit für eine Schwachschicht, die Überschreitung einer kritischen Schneehöhe und einer labilen Schneedecke. Mit diesen lokalen Informationen wird die Möglichkeit einer Lawinen-Selbstauslösung beurteilt. Erstmals werden dabei die lokalen Geländeverhältnisse wie Neigung, Rauhigkeit oder Kammnähe voll berücksichtigt.
Voraussetzung für ARIS ist eine Meßstation im betreffenden Gebiet, welche möglichst lokal repräsentative Daten liefert. Darüber hinaus müssen lokale Geländemodelle erstellt, die Lawinenbahnen kartiert und Teilabbruchgebiete festgelegt werden. Vorhandene Aufzeichnungen über Lawinen können für eine Optimierung verwendet werden, sind aber nicht nötig – ein weiteres Plus von ARIS.
ARIS visualisiert im Internet auf einer ansprechenden Oberfläche in verschiedenen Farbtönen die aktuellen und vergangenen Gefahrenpotentiale für einen Lawinenabgang in jedem Abbruchgebiet. Zusätzlich werden Schneehöhe, Windverfrachtung und Sonneneinstrahlung angezeigt.
Zur Nutzung durch die Lawinenexperten kann jeder gängige Computer mit einem Internet-Zugang verwendet werden. Da die Berechnung der Prognose auf dem Server stattfindet, sind die Hardware-Anforderungen an den jeweiligen lokalen PC relativ gering. Ein weiterer Vorteil liegt in der Dokumentation aller Entscheidungsgrundlagen durch den Aufbau einer Protokolldatenbank.
In der täglichen Praxis kann ARIS bei der Optimierung von Lawinensprengungen und temporären Verkehrssperren helfen: ARIS dient aber auch über die Effizienzsteigerung bei Personal- und Geräteeinsatz sowie bei Evakuierungen als Mittel zur Kostenoptimierung.