Sicherheit der Stromversorgung Österreichs akut gefährdet

28.01.2005Wien

Die Sicherheit der flächendeckenden Stromversorgung in Österreich ist mangels eines modernen, leistungsfähigen Hochspannungsnetzes akut gefährdet. Dies stellte Dr. Heinz Kaupa, Technischer Vorstandsdirektor der VERBUND-Austrian Power Grid AG (APG), heute, Freitag, bei einer Pressekonferenz in Wien fest.

Wegen des kontinuierlichen Verbrauchszuwachses sowie durch den kaum planbaren Einsatz von Windenergie häufen sich „Beinahe-Blackouts“, wie zuletzt infolge Sturms am 3. und 4. Jänner. Daher, so Kaupa, ist es höchste Zeit, den 380-kV-Leitungsring zu vollenden, die Genehmigung der Leitung sei höchst an der Zeit.

Der soeben veröffentlichte UCTE-Bericht „System Adequacy Forecast 2005-2015“ kommt zu dem Schluß, daß bis etwa zum Jahr 2010 in Europa die Kraftwerkskapazitäten ausreichen, um den Strombedarf zu decken. Das ist allerdings eine europaweite Durchschnittsbetrachtung und sagt nichts über die regionale Verteilung oder die Qualität der Kraftwerkskapazitäten aus. Aber schon jetzt häufen sich kritische Situationen. Die nicht ausgewogene regionale Verteilung der Stromerzeugung bedeutet ein gravierendes Problem: Es fehlen schon heute die notwendigen Netzkapazitäten, um erzeugte Energie flächendeckend sicher zu verteilen.

Ab 2010 bis ca. zum Jahr 2015 fehlen in Europa laut UTCE rund 30.000 Megawatt an Kraftwerkskapazitäten, das entspricht etwa 40 großen, modernen Erdgaskraftwerken. In Österreich sind laut TU Wien rund 3.000 Megawatt neuer Kapazitäten erforderlich. Zusätzlich müssen aber auch die Leitungskapazitäten erheblich gesteigert, d.h. ausgebaut werden. Dazu wird die Zeit äußerst knapp wegen der langen Vorlaufzeiten für Planung, vor allem aber behördliche Genehmigungsverfahren und Bau. Europaweit sind „Hot-spots“ entstanden, so zum Beispiel zwischen den Beneluxstaaten, von Polen bis Österreich, in Italien und in Österreich selbst.

Der Status quo des österreichischen Höchstspannungsnetzes mit seinen Kapazitätsengpässen erfordert dringendes Handeln: Der regelmäßige jährliche Zuwachs des Strombedarfs in der Größenordnung der Erzeugung des Wiener Donaukraftwerks Freudenau sowie der zunehmende Einsatz von ökologisch sinnvoller, aber kaum planbarer Windenergie haben in Verbindung mit den 50 Jahren alten Nord-Süd-Leitungen in jüngster Zeit zu einer eklatanten Verschärfung der Situation mit einer dramatischen Häufung von „Beinahe-Blackouts“ geführt.

Nur mit Notmaßnahmen beim Kraftwerks- und Pumpeinsatz , dem sogenannten Engpaßmanagement, kann der Netzbetrieb noch notdürftig aufrechterhalten werden. Die Ausgaben für Engpaßmanagement steigen von 10 Mio. Euro im Jahr 2004 auf voraussichtlich 18 Mio. Euro für 2005. Diese explodierenden Kosten der Notmaßnahmen führen zu einer Verteuerung der Netzkosten und damit der Strompreise bei gleichzeitig sinkender Versorgungssicherheit.

Der zur Netzstützung notwendige Einsatz kalorischer Kraftwerke im Süden läßt außerdem den dringend erforderlichen ökologischen Effekt der Windkraft verpuffen. Ein Szenario für die nahe Zukunft bei einer Verschärfung der Situation ist zum Beispiel die Abschaltung von Windkraftanlagen zur Sicherung des Netzes, bei vollem Kostenersatz. Dies bedeutet, daß die Kapazitäten der Windkraft im Norden Österreichs im Extremfall ungenutzt bleiben und der Strombedarf im Süden des Landes durch zusätzlichen Einsatz kalorischer Kraftwerke und durch sonst nicht notwendigen Einsatz der Speicherkraftwerke gedeckt werden muß.

Zusammenfassend bedeutet eine Fortführung des Status quo:

- eine sich immer mehr verschlechternde Sicherheit der Stromversorgung - dadurch massive Folgen für den Wirtschaftsstandort Österreich

- eine gleichzeitige Verteuerung der Netzkosten zum Schaden aller Stromkunden

- erneuerbare Energie kann nicht sinnvoll oder teilweise nicht genutzt werden.

Als Konsequenz ist ein Netzausbau mit der raschestmöglichen Fertigstellung des 380-kV-Ringes dringend notwendig. Nur dadurch können die dargestellten Probleme beseitigt und gelöst werden.

Link zum System Adequcy Forecast 2005-20015 der UCTE:

http://www.ucte.org/pdf/Publications/2005/SAF_2005-2015_final.pdf