Strom-Infrastruktur-Ausbau mit Raumordnung verbinden
Während der Stromverbrauch in Österreich rasant wächst, dauert der Bau von Kraftwerken und Leitungen Jahre bis Jahrzehnte. „Um nicht sehenden Auges in Zeiten unsicherer Stromversorgung zu schlittern, brauchen wir einen konsequenten Ausbau der Strom-Infrastruktur in Österreich“, erklärte Dr. Heinz Kaupa, Vorstandsdirektor der VERBUND-Stromnetztochter VERBUND-Austrian Power Grid AG (APG), heute, Mittwoch, bei einer Pressekonferenz in Wien. „Dazu schlagen wir vor, die nötigen Bauwerke und Trassen mit der Raumordnung und der Regionalförderung zu verbinden.“
Kaupa: "Stromleitungen werden heute zwar weitaus landschafts- und umweltschonender gebaut als früher, aber vor allem die Bewohner ländlicher Gemeinden fühlen sich dadurch gestört. Daher sollte die Regionalförderung auch mit Infrastrukturbauten VERBUNDen werden.“ Ländliche Gemeinden, die an Infrastruktureinrichtungen liegen, sollten in der Raumordnung diese Infrastrukturflächen als spezielle Kategorie ausweisen, die dann z. B. für den Anbau von Biomasse genutzt werden können. Dafür erhalten die Kommunen zugleich auch Anspruch auf Ausgleichzahlungen. "Die erforderlichen Systeme sind bereits vorhanden, sie müssten lediglich adaptiert werden“, sagte Kaupa.
Eine entsprechende Förderung käme bei Weitem billiger als etwa eine aufwändige Verkabelung von Stromleitungen, die auf Höchstspannungsebene derzeit noch immer acht bis zehnmal so viel kostet wie eine Freileitung. Auch ein Black-out käme teuer: Je nach Tageszeit und Wochentag kostet eine Stunde Stromausfall zwischen 40 und 60 Mio. Euro. Ein kompletter Wiederaufbau des Netzes kann in Österreich fünf bis 24 Stunden dauern.
Österreichs überregionales Stromnetz braucht dringend eine Modernisierung, weshalb der VERBUND die Schließung des 380-kV-Österreich-Ringes forciert. Der Bau der Steiermark- und der Salzburgleitung sind dringend erforderlich. Das derzeit nötige Engpassmanagement des APG-Netzes kostet pro Jahr bereits mehr als 17 Mio. Euro.
Paradox erscheint, dass es eine hohe Investitionsbereitschaft für den Bau von Strom-Infrastrukturbauten gibt; so will die VERBUND-Netztochter APG bis 2011 insgesamt rund 800 Mio. Euro investieren. Doch dauern die Genehmigungsverfahren vielfach zu lange, sind sehr kompliziert und teuer.
"Österreichs Wasserkraft braucht mehr und breitere Unterstützung, wenn der hohe Grad an Unabhängigkeit der heimischen Stromerzeugung erhalten werden soll“, erklärte Dr. Herbert Schröfelbauer, Vorstandschef der VERBUND-Wasserkraft-Tochter VERBUND-Austrian Hydro Power AG (AHP). "Die Wasserkraft ist in Österreich jedenfalls die beste Alternative zu den fossilen Energieträgern.“
Das Wasserkraftpotenzial in Österreich ist derzeit zu zwei Drittel ausgebaut. Technisch sind weitere 16 Mrd. kWh Strom aus Wasserkraft pro Jahr gewinnbar; das ist rund ein Viertel des gesamten heimischen Stromverbrauchs. Allerdings ist heute bereits die EU-Wasserrahmenrichtlinie zu berücksichtigen, die ab 2015 zwischen 2 und 7 % Erzeugungsverluste mit sich bringen kann. Unter diesem Aspekt sowie nach kaufmännischer Rentabilität kann daher seitens des VERBUND in den kommenden fünf Jahren lediglich 1 Mrd. kWh tatsächlich realisiert werden.
Österreich braucht bis 2015 zusätzliche Stromerzeugungskapazitäten von 3.000 Megawatt. Davon wird der VERBUND nach aktuellen Planungen mindestens die Hälfte beitragen. Der größte Teil der zusätzlichen Leistung kommt aus neuen Pumpspeicher-Kraftwerken, wie Limberg II oder Malta/Reißeck. Diese neuen Kraftwerke können durch punktgenaue Spitzenstrom-Lieferung Österreichs Stromversorgung entscheidend verbessern.
Der größte Teil zusätzlich nötiger Erzeugung wird überwiegend aus neuen Gas-Kombi-Kraftwerken wie Mellach/Graz oder Klagenfurt kommen, die Strom und Fernwärme liefern, sowie verstärkt aus Importen.
Der VERBUND setzt nicht nur auf Kraftwerksneubau, sondern auch - wo möglich - auf Effizienzsteigerung. Dazu liefert die praxisorientierte VERBUND-Forschung wesentliche Impulse. So dient das EU-Projekt EnviSnow (samt Zukunftsprognose über den Gletscher Pasterze) der Optimierung und Einsatzplanung des Kraftwerksparks. Im Donaukraftwerk Aschach werden die vier Maschinensätze erneuert, um jährlich knapp 3 % mehr Strom erzeugen zu können. Zugleich werden neue, optimierte Schaufelprofile im Modell erprobt.
Schröfelbauer: "Wenn der Stromverbrauch in Österreich weiterhin im derzeitigen Ausmaß wächst, wird er sich binnen 30 Jahren verdoppeln. Daher ist es höchste Zeit für eine langfristige Energiepolitik. Denn Stromimporte werden das Problem nicht dauerhaft lösen. Wir werden auf Erzeugerseite einen möglichst breiten Energiemix ebenso brauchen wie auf Verbraucherseite massive Einsparungen.“