APG: KEMA-Kabel nicht genehmigungsfähig
"Die Teilverkabelung, die das Beratungsunternehmen KEMA in ihrer am 28. Jänner 2008 vorgestellten Studie dargestellt hat, ist in Österreich nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht genehmigungsfähig."
Zu diesem Resultat kommt die VERBUND-Austrian Power Grid AG (APG) aufgrund der eingehenderen Durchsicht der Unterlagen, die ihr im Rahmen der Präsentation in Salzburg übergeben wurden.
Aussage nicht ausreichend belegt
Festzustellen ist auch, dass die Inhalte der Präsentation vom 28. Jänner 2008 und die danach getätigten Aussagen gegenüber der Öffentlichkeit durch die Studie nicht ausreichend belegt sind.
"Bei der Lektüre der Studie kommt man eindeutig zu der Erkenntnis, dass die Verkabelung in der notwendigen Kapazität weder Stand der Technik noch nach unseren bisherigen Erfahrungen genehmigungsfähig ist", zeigen sich die APG-Vorstände Dr. Heinz Kaupa und Mag. Thomas Karall überrascht.
Die APG stellt nach Studium der übergebenen Unterlagen fest:
- Die Dimensionierung der Leitung entspricht nicht den Genehmigungsvoraussetzungen der zuständigen Behörde.
- Es liegen keine Untersuchungsergebnisse über die anderen vorgeschlagenen Systemkombinationen vor.
- Das spezifische Risiko von 380-kV-Verkabelungen wird negiert.
- Aufgrund der elektromagnetischen Belastungen für Mensch und Umwelt durch ein Erdkabel ist die von KEMA vorgeschlagene Kabelvariante nach den bisherigen Erfahrungen der APG nicht genehmigungsfähig.
- Die Kosten wurden nicht fachgerecht abgehandelt.
- Die 220-kV-Leitung könnte wegen des objektiv vorhandenen Ausfallsrisikos bzw. der um ein Vielfaches längeren Reparaturzeiten von Kabelanlagen nicht abgebaut werden.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass KEMA für die Vielzahl der offenen Probleme keine schlüssige Gesamtlösung anbieten kann, aber dennoch den Eindruck der grundsätzlichen Machbarkeit vermittelt.
Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein
"Wir werden die Versorgungssicherheit Salzburgs, Österreichs und letztlich auch Zentraleuropas nicht mit einem derartigen Experiment gefährden", erteilt Kaupa der Verkabelung eine klare Absage. "Letztlich haben wir die Verantwortung für den Netzbetrieb und die Versorgungssicherheit. Auf der Basis der vorgelegten KEMA-Studie können wir diese große Verantwortung auf keinen Fall übernehmen", so Kaupa abschließend.
Auch nach genauerem Studium der KEMA-Unterlagen steht fest, dass die Verkabelung einer 380-kV-Leitung im Übertragungsnetz nicht Stand der Technik ist, da alle Ausführungen in der Studie auf eine deutlich geringer dimensionierte Leitung bezogen sind.
Erdkabl ist keine Alternative
Das von der E-Control am 18. Jänner 2008 vorgestellte Oswald-Gutachten zeigt unmissverständlich, dass unter Zugrundelegung der korrekten Dimensionierung das 380-kV-Kabel keine akzeptable Alternative zu einer Freileitung darstellt.
"Das Grundsatzgutachten der E-Control ist für die APG von fundamentaler Bedeutung. Denn es ist letztlich die Regulierungsbehörde, die die Rahmenbedingungen für die sichere Aufrechterhaltung der Energieversorgung in Österreich vorgibt", betont APG-Vorstand Karall.
"Mitte April werden wir der Salzburger Landesregierung unsere ausführliche Stellungnahme präsentieren und wir sind auch gerne bereit, die Inhalte unserer Stellungnahme mit den Studienautoren zu diskutieren. Wir möchten nochmals unser Interesse an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Salzburger Landesregierung, den Gemeinden und der Bevölkerung sowie an einem transparenten und objektiven Prozess betonen", so die APG-Vorstände.
Nachfolgend finden Sie die wesentlichen Kritikpunkte an der KEMA-Studie:
Die Studie basiert auf unrichtig interpretierten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen. So wurde völlig ignoriert, dass die APG "unbundled" im Sinne der EU-Vorgaben ist und daher keinen Einfluss auf Erzeugung und Abnahme im Netz hat.
Der Studienautor geht weiters davon aus, dass die Salzburgleitung künftig verstärkt eine Transitleitung darstellt. Tatsächlich ist die Auslastung durch österreichinterne und Salzburger Erfordernisse bestimmt.
Ebenso wurde in der Studie das von der APG beigestellte Szenario der Netzbelastung in Österreich für 2020 in ein solches für 2050 umgeändert, ohne dass die in diesem Zeitraum zu erwartenden Zuwächse berücksichtigt wurden.
Für den Ausbau des 380-kV-Ringes in Österreich wurde mit Bescheid eine Dimensionierung von 2x2400 MW ("n-1"-sicher: 2x1375 MVA) als Freileitung bestätigt.
Die Dimensionierung der vom Autor in der Studie im Detail behandelten zwei Kabelsysteme liegt selbst mit optimistischen Annahmen deutlich unter dieser Größe. Damit ist die künftige Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Österreich gefährdet.
Der Studienautor schlägt auch vor, dass bei Bedarf weitere Systeme hinzukommen sollten, untersucht diese aber nicht Detail.
Die vorgeschlagenen Kabelsysteme führen jedenfalls bereits ab 2020 zu Einschränkungen, die nur durch Engpassmanagement bewältigt werden können.
Die Darstellung der in etwa gleich hohen Ausfallshäufigkeit von Freileitungen und Kabelleitungen ist irreführend, da bei Freileitungen planmäßige Abschaltungen für Wartungszwecke den überraschenden und lang andauernden Ausfällen von Kabelleitungen in kritischen Netzsituationen gleichgesetzt werden.
Die zugrunde gelegte Statistik enthält nur das Berliner Kabelsystem. Der wochenlange Ausfall im Jahr 2006 wurde dabei aber in der Studie nicht berücksichtigt.
Die APG sieht dies nicht als Basis, die eine ausreichende Versorgungssicherheit garantieren kann, insbesondere weil auch das Gutachten von Prof. Oswald (im Auftrag der E-Control) zeigt, dass das Risiko von Verkabelungen 40-mal so hoch ist wie das von Freileitungen.
Für die Tarifauswirkungen wurden lediglich die Kosten der zu schwach dimensionierten Kabelvariante herangezogen.
Unsachgemäß ist die Umlage der Investitionskosten auf alle österreichischen Haushalte, denn die Kosten der Investition können nur in der Regelzone Ost (Österreich ohne Tirol und Vorarlberg) Anwendung finden.
Der Regulator hat überdies bereits am 18. Januar 2008 öffentlich dargelegt, keine Mehrkosten für Kabel im 380-kV-Ring anzuerkennen.
Die in der Studie auf Basis von Herstellerangaben von Kabelproduzenten vorgeschlagene Verlegetiefe von 1,2 m führt zu einer elektromagnetischen Belastung an der Erdoberfläche, die deutlich über dem von der WHO empfohlenen Grenzwert von 100 μTesla liegt. Dadurch wäre ein derartiges Projekt nach bisherigen Erfahrungen der APG nicht genehmigungsfähig.
Eine tiefere Verlegung reduziert aufgrund der notwendigen Kühlung zusätzlich die zur Verfügung stehende Transportkapazität des Kabels. Kühlsysteme sind aufwändig und ausfallgefährdet, damit würde sich das Ausfallsrisiko für eine Kabelleitung weiter erhöhen.