Digitale Inklusion - niemand darf sprachlos bleiben!

01.12.2022Wien

In Österreich leben etwa 63.000 Personen, die in ihrer Lautsprache eingeschränkt sind. Um zu kommunizieren, brauchen sie Hilfsmittel, die passgenau auf sie zugeschnitten sind. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung am 3.12. zeigen Diakonie und VERBUND Lücken und Probleme beim Zugang zu Unterstützter Kommunikation und Assistierenden Technologien auf.

Liam Weingartner nutzt Augensteuerung für den PC sowie ein Sprachausgabeprogramm. Und das schon seit er 2 1/2 Jahre alt ist. Damit hat der mittlerweile 12-Jährige nicht nur Sprechen sowie Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen erlernt; mit der Augensteuerung kann er auch ferngesteuerte Autos lenken oder Computerspiele spielen. Er selbst erzählt von sich: "Am Computer spiele ich am liebsten 'Need for Speed", weil ich schnelle Autos mag und driften kann. Der Computer gibt mir nämlich meine Superkraft. Ich will später mal bei LIFEtool arbeiten und dort Software entwickeln. Eine erfolgreiche Karriere als YouTube Influencer wäre auch toll."

"Am Tag der Menschen mit Behinderungen wollen wir einmal mehr darauf aufmerksam machen, welchen Unterschied das richtige Hilfsmittel im Leben einer Person mit Behinderungen machen kann. Gerade Beispiele wie Liam zeigen uns, welche Möglichkeiten assistierende Technologien bieten und warum eine gute Versorgung mit Hilfsmitteln unerlässlich ist", so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. "Denn Technik macht gerade für Menschen mit Einschränkungen der Lautsprache ein selbstbestimmtes Leben möglich."

Natascha Toman kommuniziert ebenfalls über assistierende Technologien. Sie erzählt: "Da aufgrund meiner körperlichen Behinderung (CP, Athetose) auch mein Sprachzentrum betroffen ist, verwende ich im Alltag einen Sprachcomputer. Meinen Alltag bestreite ich hauptsächlich mit persönlicher Assistenz. Ich bin berufstätig und versuche nebenbei meine persönlichen Erfahrungen zum Thema Unterstützte Kommunikation zu teilen. Ansonsten reise ich sehr gerne, liebe es neue – wenn auch oft etwas verrückte – Sachen auszuprobieren, spiele unglaublich gerne Schach und bin ständig in Bewegung."

Behörden-Dschungel muss abgebaut werden

"Der Weg zum passenden Hilfsmittel ist in Österreich kompliziert, unübersichtlich und langwierig", kritisiert die Diakonie-Direktorin. "Es gibt keinen Rechtsanspruch auf die Finanzierung der assistierenden Kommunikationsmittel, bei der Antragsstellung sind viele Ämter auf Landes- und Bundesebene beteiligt." Für die Betroffenen drängt allerdings oft die Zeit, zum Beispiel bei Krankheiten mit fortschreitenden Symptomen. Darum wäre eine schnelle Abwicklung in der Versorgung wichtig für die Betroffenen und ihre Angehörigen.

"Jeder Tag, an dem Kommunikation nicht gelingt, ist einer zu viel", hält auch Michael Strugl, Vorsitzender des Vorstands der VERBUND AG fest. "Langzeitziel des VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie ist die Etablierung eines Rechtsanspruchs auf die Finanzierung assistierender Technologien für Menschen mit Behinderungen", betont Strugl. 
"Ein Rechtsanspruch muss neben der Finanzierung des Hilfsmittels selbst auch zentrale Anlaufstellen in allen Bundesländern, wo die Beantragung und Genehmigung rasch und unbürokratisch abgewickelt werden kann, sowie Beratung, damit die Betroffene zu dem für sie passenden Hilfsmittel kommen und es auch anwenden lernen, umfassen."

Finanzierung von Hilfsmitteln ist Aufgabe der öffentlichen Hand

Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2022-2030 ist eine Vereinfachung der Versorgung mit Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen geplant. Der vorgesehene Zeitraum bis 2030 ist allerdings für jede einzelne betroffene Person und ihre Angehörigen viel zu lang. 
"Zu hoffen ist, dass im Zuge der anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen rascher Bewegung in die Sache kommt. Denn wir fordern seit Jahren die österreichweit einheitliche und transparente Finanzierung von Hilfsmitteln zur Kommunikation. Kommunikation ist ein Menschenrecht, und es ist höchste Zeit, dass sich hier etwas tut", sagt Moser.

Spenden stopfen Versorgungslücke

Die Versorgungslücke, die der Sozialstaat hier offenlässt, muss derzeit mithilfe von Spenden geschlossen werden. So unterstützt der VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie seit 2009 die individuelle Beratung von rund 6.000 Menschen mit Behinderungen zu Möglichkeiten Unterstützter Kommunikation und Assistierender Technologien. Knapp 12.000 PädagogInnen, TherapeutInnen und Angehörige wurden in über 1.000 Workshops und Seminaren sensibilisiert und informiert. Außerdem wird mit dem Fonds die Frühförderung bei Kindern unterstützt und Soforthilfe bei der Anschaffung assistierender Technologien geleistet.

Ingun Metelko Ingun Metelko

Unternehmenssprecherin

E-Mail senden

VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie

Der VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie verhilft Menschen mit Behinderungen mithilfe assistierender Technologien zu einem selbstbestimmten Leben.

Zum Empowerment Fund