Forschungsprojekte rund um Wasserkraft

Forschungsberichte zu Studien zur Wasserkraftnutzung

Energiewende, Klimawandel, sowie wasserwirtschaftliche und naturschutzfachliche Vorgaben an Gewässern bei gleichzeitig wachsendem Energiebedarf sind globale Herausforderungen, die neue nachhaltige Lösungen verlangen. 

VERBUND fördert über verschiedene Forschungsprojekte das Verständnis der Wechselwirkungen und Einflüsse der Wasserkraftnutzung auf unsere Umwelt und will damit zu nachhaltigen umweltverträglichen Lösungen beitragen. Die folgenden Studien geben einen Einblick in aktuelle Forschungstätigkeiten im Besonderen zum Themenbereich Ökologie und Wasserkraft.

Sedimentmanagement

Die Sanierung des Feststoffhaushaltes in Fließgewässern ist ein Generationenprojekt. Übergeordnete Rahmenbedingungen (Einzugsgebiet, Sedimenteintrag, Hydrologie, etc.), lokale Gegebenheiten und unterschiedliche Nutzungen (HWS, Naturschutz, Landwirtschaft, Kraftwerksnutzung, etc.), aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen mit teilweise unterschiedlichen Zielsetzungen (Naturschutz, HWS, WRRL) stellen große Herausforderungen an das Sedimentmanagement.

Der Themenkomplex erfordert daher eine systemische Betrachtung, die flussgebietsbezogene und lokale Besonderheiten, Fragen der hydromorphologischen Zustandsbewertung sowie hydrologische und sedimentologische Randbedingungen berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund beteiligt sich VERBUND – zum Teil federführend – schon seit vielen Jahren an Forschungsprojekten zu diesem Thema. So werden im Christian-Doppler-Labor für Sedimentforschung und -management durch die Universität für Bodenkultur (Wien) seit mehreren Jahren die Möglichkeiten einer Verbesserung des Sedimenthaushalts entlang der kraftwerksbeeinflussten Fließgewässer in Österreich systematisch untersucht. Mehrere Untersuchungen beschäftigen sich mit den Auswirkungen und der Optimierung von Stauraumspülungen. Untersuchungen dazu erfolgten im Rahmen des Interreg Projekts „ALPRESERV“ an der Mur und in den letzten Jahren an der Möll.


Projektbeschreibungen Sedimentmanagement

Im Sinne eines nachhaltigen Betriebs von Wasserkraftwerken bedarf es einem fundierten Verständnis der dynamischen Prozesse in Fließgewässern. Eine Herausforderung für die Bewirtschaftung und wesentlicher Punkt für das Ökosystem Fluss ist dabei der Transport von Sedimenten.

Das CD-Labor erforscht die Grundlagen von Erosion und Sedimentation und analysiert den Transport und Remobilisierung von Feststoffen. Durch ein optimiertes Sedimentmanagement können ökologische, ökonomische und technische Lösungen erarbeitet, Hochwasserschutz gewährleistet und die Akzeptanz in der Gesellschaft erhöht werden.

In einer Kombination aus Laborversuchen und Untersuchungen im Feld wird ein besseres Prozessverständnis erworben. Die betrachteten Dimensionen reichen vom μm-Bereich bis hin zu ganzen Fluss-Einzugsgebieten.

Die gewonnen Erkenntnisse dienen als Basis um neue Monitoring- und Modellierungstechnologien zu entwickeln und neue Standards für die Wasserkraftnutzung zu schaffen. Zudem unterstützen sie die Entwicklung nachhaltiger Bewirtschaftungs-Konzepte in Flusslandschaften.

Martin Mühlbauer, Wolfgang Lauber, Florian Derntl, Clemens Ratschan, Roland Schmalfuß, Gerald Zauner (2022) Dynamische Dotation und Sedimentmanagement zur Gewährleistung funktioneller Fließgewässerhabitate in Fischwanderhilfen. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft (2022):

Cornelia Haeck, Ralf Klocke, Karl-Heinz Strasser, Georg Loy, Walter Reckendorfer (2022) Workshop zum Sedimentmanagement an Stauanlagen an großen Gewässern im Donaueinzugsgebiet. WASSERWIRTSCHAFT, Band 112, Ausgabe 6, Seiten 54-57

Walter Reckendorfer (2022) Sedimentmanagement in Stauketten-Ökologische Ziele und Herausforderungen. WASSERWIRTSCHAFT, Band 112, Ausgabe 2-3, Seiten 57-60

Georg Loy  (2022) Sedimentmanagement in Staustufenketten - Notwendigkeit, Herausforderungen und Umsetzungsbeispiele. WASSERWIRTSCHAFT, Band 112, Ausgabe 2-3, Seiten 45-50

Roland Schmalfuß (2022) Sedimentmanagement bei Stauanlagen: Herausforderungen und Lösungen. WASSERWIRTSCHAFT, Band 112, Ausgabe 2-3, Seiten 65-68

Reckendorfer, W., Badura, H., & Schütz, C. (2019). Drawdown flushing in a chain of reservoirs—Effects on grayling populations and implications for sediment management. Ecology and Evolution, 9(3), 1437-1451.

Badura, H., Knoblauch, H., Schneider, J., Harreiter, H., & Demel, S. (2007). Wasserwirtschaftliche Optimierung der Stauraumspülungen an der oberen Mur. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 5(59), 61-68.

Hauer, C., Haimann, M., Holzapfel, P., Flödl, P., Wagner, B., Hubmann, M., ... & Schletterer, M. (2020). Controlled Reservoir Drawdown—Challenges for Sediment Management and Integrative Monitoring: An Austrian Case Study—Part A: Reach Scale. Water, 12(4), 1058.

Hauer, C., Holzapfel, P., Flödl, P., Wagner, B., Graf, W., Leitner, P., ... & Schletterer, M. (2020). Controlled reservoir drawdown—Challenges for sediment management and integrative monitoring: An Austrian case study—Part B: Local Scale. Water, 12(4), 1055.


Schwall & Sunk

Durch die Energiewende und den dafür u.a. notwendigen verstärkten Einsatz volatiler erneuerbarer Energien wird es immer wichtiger, stabilisierende und flexible Ausgleichsmaßnahmen für das Netz bereitzustellen. (Pump-) Speicherkraftwerke und ihre Fähigkeit, Energie zu speichern und auf Abruf wieder zur Verfügung zu stellen, sind dabei von grundlegender Bedeutung.

Allerdings können die Gewässerabschnitte in den Schwallausleitungsstrecken durch die kurzfristigen Abflussschwankungen (Schwall und Sunk) ökologisch beeinträchtigt werden.  Eine fundierte Bewertung unterschiedlicher Betriebsweisen von Wasserkraftwerken ist derzeit nur eingeschränkt möglich, da nicht ausreichend Fachwissen vorhanden ist.

Ziel ist es, optimale Verbesserungen für die Gewässerökologie zu erreichen, ohne dass es zu erheblichen volks- und betriebswirtschaftlichen Einschränkungen im Kraftwerksbetrieb kommt. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Umsetzung der notwendigen Schritte hin zu einer vollständig erneuerbaren Energieerzeugung.

Gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur, dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BML) sowie zahlreichen Partnerinnen und Partnern hat VERBUND mehrere Forschungsprojekte initiiert (SuREmMa, SuREmMa+, ÖkoResch).

Die Projekte beschäftigen sich mit grundlegenden Fragen wie dem Einfluss von Schwall und Sunk auf die Drift- und Strandungsraten aquatischer Lebewesen und in weiterer Folge mit den systemischen und ökonomischen Auswirkungen möglicher Kompensationsmaßnahmen.

Die Projekte sollen letztlich dazu beitragen, das „gute ökologische Potenzial“ im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie für die schwallbeeinflussten Gewässerstrecken festzulegen. Erste Ergebnisse sind Bewertungskriterien und Handlungsempfehlungen für eine bestmögliche Schwalldämpfung. Im seit 2021 laufenden Projekt ÖkoResch werden die erarbeiteten Ansätze auf ihre Anwendbarkeit und Wirkung getestet und umfassend wissenschaftlich begleitet.

Traisen Erster Bauabschnitt

Projektbeschreibungen Schwall & Sunk

Das Forschungsprojekt untersucht die Auswirkungen von Schwall- und Restwasserbelastungen auf die aquatische Lebenswelt. An ausgewählten Pilotstrecken wird die Möglichkeit, diese durch ökologische Maßnahmen zu mindern untersucht und bewertet. 

Gleichzeitig erfolgt eine Beurteilung der energiewirtschaftlichen und systemrelevanten Einschränkungen die bei der Umsetzung ökologischer Maßnahmen auftreten können. Das Projekt erarbeitet auch wissenschaftliche Grundlagen über die Möglichkeiten und Auswirkungen einer verbesserten Restwasserabgabe, insbesondere im Hochgebirge. Die Forschungsarbeiten sind auf sechs Jahre angelegt. Die lange Projektdauer ergibt sich vor allem aus den notwendigen Feldarbeiten im hochalpinen Lebensraum. Diese werden in beeinflussten Gewässern und Referenzgewässern durchgeführt. Zusätzlich werden Dotationsversuche an repräsentativen Versuchsstandorten gestartet. Darauf aufbauend wird bis zum Ende der Projektlaufzeit ein ökologisches Bewertungs- und Monitoringsystem entwickelt.

Grundlage für das aktuelle Forschungsprojekt ÖkoResch war das Projekt „Sustainable Rivermanagement – Energiewirtschaftliche und umweltrelevante Bewertung möglicher schwalldämpfender Maßnahmen“, mit den beiden Modulen „SuREmMa„ und „SuREmMa+“. Mit diesen Projekten wurde erstmals eine Basis für ein österreichweit einheitliches Bewertungsinstrument für Schwallsanierungsmaßnahmen geschaffen. 

In einem ersten Schritt wurde ein ökonomisches und ökologisches Bewertungssystem für schwalldämpfende Maßnahmen wie betriebliche Einschränkungen, Schwalldämpfungsbecken, Schwallausleitungskraftwerke und morphologische Sanierungsmaßnahmen entwickelt. Aus volkswirtschaftlicher Sicht führen Nutzungseinschränkungen von Speicherkraftwerken unmittelbar dazu, dass bei Ausfall volatiler Energien wie Wind und Sonne Ausgleichsenergie zur Netzstabilisierung durch fossile Energieträger oder Kernenergie bereitgestellt werden muss. Diesen volks- und betriebswirtschaftlichen Effekten wurde die gewässerökologische Wirksamkeit der Maßnahmen gegenübergestellt und bewertet. Das Bewertungsinstrumentarium wurde repräsentativ an zehn österreichischen Speicherkraftwerken getestet. 

In SuREmMa+ wurde die Maßnahmenbewertung verfeinert, ein auf die Bewertungsmethoden abgestimmtes Monitoringkonzept entwickelt und an ausgewählten Fallbeispielen angewendet. Die Bewertung umfasst die Strandung und Verdriftung von aquatischen Organismen (Fische, Makrozoobenthos), die Habitatverfügbarkeit und -qualität sowie eine Abschätzung der ökonomischen Auswirkungen.

Mit den erarbeiteten Bewertungskriterien ist es möglich, für bestimmte Gewässerabschnitte gezielte Maßnahmen zur Erreichung des guten gewässerökologischen Zustands bzw. Potenzials unter Berücksichtigung ökologischer und energiewirtschaftlicher Auswirkungen zu setzen.

Schmutz S., Fohler N., Friedrich T., Fuhrmann M., Graf W., Greimel F., Höller N., Jungwirth M., Leitner P., Moog O., Melcher A., Müllner K., Ochsenhofer G., Salcher G., Steidl C., Unfer G., Zeiringer B. 2013: Schwallproblematik an Österreichs Fließgewässern – Ökologische Folgen und Sanierungsmöglichkeiten. BMFLUW, Wien.

Greimel, F., Neubarth J., Fuhrmann, M., Führer, S., Habersack H., Haslauer, M., Hauer, C., Holzapfel, P., Auer, S., Pfleger, M., Schmutz, S. & Zeiringer, B. (2017): SuREmMa, Sustainable River Management - Energiewirtschaftliche und umweltrelevante Bewertung möglicher schwalldämpfender Maßnahmen. Forschungsbericht, Wien, 92 Seiten.

Greimel, F., Neubarth, J., Fuhrmann, M., Zoltan, L., Zeiringer, B., Schülting, L., Führer, S., Auer, S., Leitner, P., Dossi, F., Holzapfel, P., Pfleger, M., Leobner, I., Sumper, R., Pazmandy, J., Graf, W., Hauer, C. und Schmutz, S.: SuREmMa+: Entwicklung einer Methode zur ökologischen und energiewirtschaftlichen Bewertung von Maßnahmen zur Minderung von negativen schwall- und sunkbedingten ökologischen Auswirkungen. Forschungsbericht, Wien 2021, 158 Seiten.

Greimel, F., Grün, B., Hayes, D. S., Höller, N., Haider, J., Zeiringer, B., ... & Schmutz, S. (2022). PeakTrace: Routing of hydropeaking waves using multiple hydrographs—A novel approach. River Research and Applications. 


Durchgängigkeit & Lebensraum

Eine zentrale Forderung der WRRL und der darauf aufbauenden nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne ist die Wiederherstellung der Passierbarkeit von Querbauwerken in Fließgewässern. Dies erfordert auch entsprechende Maßnahmen an den Laufkraftwerken von VERBUND. 

Die bisherigen Erfahrungen im Fischlebensraum zeigen, dass die Herstellung der technischen Durchgängigkeit nicht ausreicht, um die geforderten Ziele des guten ökologischen Zustandes bzw. des guten ökologischen Potenzials zu erreichen. Um diese Ziele zu erreichen, ist ein systemischer Ansatz erforderlich, der die Schaffung von Lebensraum über das Ziel der reinen Durchgängigkeit stellt. Schlüsselhabitate für unsere heimischen Flussfische sind unverbaute, flache Kiesufer, vor allem aber dynamische Nebengewässer, die einerseits als Laich- und Jungfischhabitate, andererseits als Wanderkorridore genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund laufen derzeit mehrere Forschungsprojekte, die sich mit verschiedenen Aspekten der Fischdurchgängigkeit, der Habitatverfügbarkeit und der Habitatwahl von Fischen befassen. Offene Fragen betreffen einerseits Aspekte der Auffindbarkeit und Passierbarkeit von Fischwanderhilfen, andererseits die kumulative bzw. großräumige Wirkung von Maßnahmen.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Univ. Prof. Helmut Mader der BOKU Wien widmet sich vor allem der Frage: "Was sind die Schlüsselreize, die Fischwanderungen auslösen?“ Zur Beantwortung werden neueste Methoden angewandt und weiterentwickelt, die eine Analyse der Strömungs-, Licht- und Temperaturverhältnisse, aber auch der akustischen Umgebung im Einstiegsbereich von Fischwanderhilfen ermöglichen. 

Die großräumige Wirkung von Habitatverbesserungen in Kombination mit der Vernetzung von Gewässersystemen ist derzeit noch wenig untersucht. Um hier ein besseres Verständnis zu erlangen, wurden sowohl an der österreichischen Donau unter der Leitung von Univ. Prof. Thomas Hein von der BOKU Wien als auch am bayerischen Inn unter der Leitung von Univ. Prof. Jürgen Geist an der TU München Forschungsprojekte gestartet, die sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten dieser Fragestellung widmen.

Projektbeschreibungen Durchgängigkeit & Lebensraum

An der Donau werden seit vielen Jahren Projekte zur Verbesserung der Habitat- und Artenvielfalt im aquatischen Lebensraum durchgeführt. Über den kumulierten Mehrwert der einzelnen Projekte bzw. deren Ausstrahlungseffekte ist jedoch wenig bekannt. Das CD Labor MERI unter der fachlichen Leitung der Universität für Bodenkultur beschäftigt sich mit diesen Fragen.

Um die dynamischen Prozesse in der Donau besser zu verstehen, verbindet der Meta-Ökosystem-Ansatz biologische Prozesse, menschliche Aktivitäten und Ökosystemdienstleistungen auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen. So werden beispielsweise das Wanderverhalten und die Habitatwahl von Fischen untersucht, um Habitatpräferenzen und -defizite zu identifizieren. Nahrungsnetzbeziehungen in verschiedenen Flussabschnitten werden ebenso analysiert wie die Ökosystemleistungen der Flusslandschaft und die Auswirkungen der fischereilichen Nutzung der Gewässer. Mit den gewonnenen Erkenntnissen sollen in Zukunft Strategien für eine noch bessere Treffsicherheit ökologischer Maßnahmen entwickelt und zielgerichtete Managemententscheidungen ermöglicht werden.

Erste Ergebnisse zeigen, dass die neu geschaffenen Habitate an der Traisen oder der Großen Tulln von Donaufischen in großem Ausmaß als Laichhabitate angenommen werden. Die im Rahmen von LIFE geschaffenen großen Umgehungsgewässer an der Donau (LIFE-NETZWERK-DONAU.AT) ermöglichen sogar Fischen aus dem Stauraum Freudenau das Laichen im neu gestalteten Unterlauf der Traisen (LIFE-TRAISEN.AT).

Die Pit Tag Technologie wird in mehreren Forschungsprojekten in Österreich und Bayern großflächig eingesetzt. Sie eignet sich besonders gut, um das Wanderverhalten von Fischen über einen Längeren Zeitraum zu erfassen und ihre Bewegungsmuster zu rekonstruieren.

Es können damit die Passierbarkeit, die Auffindbarkeit und die Nutzung des Abstiegs von Fischwanderhilfen untersucht werden, ebenso der zeitliche und räumliche Verlauf der Wanderungen, die Verteilung der Fische und die Habitatnutzung. Ziel der Untersuchungen ist es, das Verständnis für die Lebensraumansprüche der Fischfauna zu verbessern und insbesondere überregionale Fragestellungen zum Wanderverhalten und zur Habitatwahl zu untersuchen. Damit soll in Zukunft die Wirksamkeit gewässerökologischer Maßnahmen besser beurteilt werden können. In weiterer Folge können diese Erkenntnisse für die Weiterentwicklung bereits umgesetzter Renaturierungsmaßnahmen und Fischwanderhilfen genutzt werden.

PIT-Tags sind passive Sender zur elektronischen Markierung von Fischen. Schwimmen markierte Fische an einer im Gewässer oder in einer Fischwanderhilfe montierten Antenne vorbei, so werden sie registriert und identifiziert. Mithilfe der Aufzeichnungen in einem Gewässersystem mit vielen Antennen kann das Wanderverhalten einzelner Fische und ganzer Populationen nachvollzogen werden. Das von VERBUND bearbeitete Projektgebiet erstreckt sich vom Kraftwerk Freudenau bei Wien entlang der Donau bis zum Inn in Bayern. 

Erste Untersuchungen zeigen überraschende Ergebnisse. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Schiffsschleusen in nicht unerheblichem Ausmaß zur Wanderung genutzt werden. Außerdem zeigte sich, dass die Fische - entgegen der vorherrschenden Lehrmeinung - die Fischwanderhilfen auch für die Abwärtswanderung nutzen. Darüber hinaus bestätigte sich, dass mehrere Arten ein ausgeprägtes „Homing“ zeigen, d.h. jedes Jahr zum Laichen in dasselbe Gewässer zurückkehren.

 Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulationen in wasserkraftgeprägten Gewässern konzentrieren sich bisher fast ausschließlich auf die longitudinale Durchgängigkeit für Fische. Die Zielarten dieser Maßnahme sind vor allem Lang- und Mittelstreckenwanderer. Insbesondere Kurzstreckenwanderer können von Habitat verbessernden Maßnahmen im Gewässer und seiner Aue vermutlich deutlich mehr profitieren als von der reinen Herstellung der Durchgängigkeit.

Um die Bedeutung einzelner Maßnahmen und deren Vernetzung für die Fischpopulationen des Inn besser zu verstehen, wurde zunächst im Rahmen von Voruntersuchungen 2013-2015 ein Forschungskonzept erarbeitet. 

Darauf aufbauend werden seit 2015 im Hauptprojekt praxisnahe Freilanduntersuchungen durch die Technische Universität München durchgeführt. Das Hauptprojekt ist auf zehn Jahre angelegt und gliedert sich in drei Projektteile, in denen Maßnahmen in den Neben- und Stillgewässern der Innaue (Teil I), Uferaufweitungen und wasserbauliche Strukturen im Hauptstrom Inn (Teil II) und die Vernetzung der verschiedenen Teillebensräume (Teil III) untersucht werden. Die bisherigen Ergebnisse zeigen deutlich, dass die naturnahen Umgehungsgewässer einen wichtigen Lebensraum für Fische und benthische Evertebraten darstellen und als Biodiversitätsquelle für den Hauptstrom fungieren. 

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich seit 2018 mit einer Reihe von offenen Fragen zur Auslösung von Fischwanderungen und zur Orientierung von Fischen im Gewässer. Die bisherige Lehrmeinung geht davon aus, dass sich Fische primär an hydraulischen Reizen orientieren. Andere äußere Faktoren wie Licht, akustische Reize, Sauerstoffgehalt oder Temperatur werden weitgehend vernachlässigt. Felduntersuchungen, die das Aufstiegsverhalten von Wanderfischen mit den verschiedenen Schlüsselreizen in hoher zeitlicher Auflösung in Beziehung setzen, fehlten bisher.

Im Rahmen des Projektes werden die vier Reize Akustik, Licht, Wassertemperatur und Strömung untersucht. Thermische Reize, akustische Reize und Lichtreize werden in situ am Eingang der Fischwanderhilfe erzeugt. Zur Messung der Strömungs- und Temperaturverhältnisse werden drohnengestützte, hochauflösende optische Kameras und Wärmebildkameras eingesetzt. Die Strömungsmessung erfolgt berührungslos mit optischen Verfahren wie der Particle Image Velocimetry (PIV) und der Particle Tracking Velocimetry (PTV). Dabei werden Partikel im Gewässer in kurzen Zeitabständen fotografiert. Aus den Positionen der Partikel können Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit bestimmt werden. Darüber hinaus werden bestehende Softwaretools erprobt, weiterentwickelt und an die Fragestellungen angepasst und optimiert. 

Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass von den untersuchten Parametern nur die Temperatur für die Auslösung von Fischwanderungen und auch für die Orientierung der Fische eine Rolle spielt. Eine Wirkung von akustischen Reizen, Strömung und Licht konnte nicht festgestellt werden. Diese Ergebnisse stellen auch das derzeit vorherrschende Paradigma in Frage, dass Flussfische eine ausgeprägte „Lockströmung“ benötigen, um den Einstieg von Fischwanderhilfen zu finden.


Bondar-Kunze, E., Funk, A., Haidvogl, G., Unfer, G., Muhar, S., Hohensinner, S., ... & Hein, T. (2022). Der Meta-Ökosystem Ansatz in der Praxis–Integration von hydromorphologischen Veränderungen und menschlichen Eingriffen in die Meta-Ökosystem-Theorie zur Entwicklung eines nachhaltigen Flussmanagements an der österreichischen Donau. Österreichische Wasser-und Abfallwirtschaft, 1-9.


Reckendorfer, W., Michael Schabuss and Regina Petz-Glechner. “Abwärtswanderung durch eine Fischaufstiegsanlage - neue Erkenntnisse durch Untersuchungen mittels PIT-Tags.” WASSERWIRTSCHAFT 113 (2023): 31 - 34.

Reckendorfer, W., Zornig H., Schabuss, M., & Petz-Glechner, R. (2023). Effekte der Dotation auf die Auffindbarkeit von Fischwanderhilfen – Ergebnisse von PIT Tag Untersuchungen an der Donau. Wasserbausymposium Wallgau


Loy, G., & Reckendorfer, W. (2022). Creation and Use of “Compensation” Habitats—An Integrated Approach. In Novel Developments for Sustainable Hydropower (pp. 157-165). Cham: Springer International Publishing.

Nagel, C., Mizerakis, V., Pander, J., & Geist, J. (2022). The overlooked contribution of a fish bypass channel to the density and diversity of macroinvertebrate drift in a heavily modified river system. River Research and Applications, 38(10), 1696-1707.

Pander, J., Nagel, C., Ingermann, H., & Geist, J. (2022). Water level induced changes of habitat quality determine fish community composition in restored and modified riverbanks of a large alpine river. International Review of Hydrobiology, 107(1-2), 46-59.

Nagel, C., Mueller, M., Pander, J., Stoeckle, B. C., Kuehn, R., & Geist, J. (2021). Going with the flow: Spatio‐temporal drift patterns of larval fish in a large alpine river. Freshwater Biology, 66(9), 1765-1781.

Nagel, C., Mueller, M., Pander, J., & Geist, J. (2020). Making up the bed: Gravel cleaning as a contribution to nase (Chondrostoma nasus L.) spawning and recruitment success. Aquatic Conservation: Marine and Freshwater Ecosystems, 30(12), 2269-2283.

Nagel, C., Pander, J., Mueller, M., & Geist, J. (2020). Substrate composition determines emergence success and development of European nase larvae (Chondrostoma nasus L.). Ecology of Freshwater Fish, 29(1), 121-131.


Brandl, A., Käfer, S., Fillitz, B., Pinter, G., Laaha, G., & Mader, H. (2020). Relevance of key stimuli, in particular light and acoustics, for the findability of fish passes. Österreichische Wasser-und Abfallwirtschaft, 72, 187-201.

Brandl, A., Käfer, S., Laaha, G., & Mader, H. (2022). Temperatur Als Schlüsselreiz Für Die Auffindbarkeit von Fischaufstiegsanlagen. Wasserwirtschaft, 12-18.

Brandl, A., Laaha, G., Käfer, S., & Mader, H. (2022). Key Factors for the Findability of Fish Passes in Large Epipotamal Rivers: The Case of the River Drava. Water, 14(10), 1530.

Perks, M. T., Dal Sasso, S. F., Hauet, A., Jamieson, E., Le Coz, J., Pearce, S., ... & Manfreda, S. (2020). Towards harmonisation of image velocimetry techniques for river surface velocity observations. Earth System Science Data, 12(3), 1545-1559.

Strelnikova, D., Paulus, G., Käfer, S., Anders, K. H., Mayr, P., Mader, H., ... & Schneeberger, R. (2020). Drone-based optical measurements of heterogeneous surface velocity fields around fish passages at hydropower dams. Remote Sensing, 12(3), 384.

Strelnikova, D., Perks, M. T., Paulus, G., Käfer, S., Anders, K. H., Mayr, P., ... & Schneeberger, R. (2022). Rapid Detection of the Change in Surface Flow Patterns Near Fish Passages at Hydropower Dams With the Use of UAS Based Videos Under Controlled Discharge Conditions. Frontiers in Remote Sensing, 3, 14.

Strelnikova, Dariia, Gernot Paulus, Sabine Käfer, Karl Anders, Peter Mayr, Helmut Mader, Ulf Scherling and Rudi Schneeberger. “Drohnenbasierte optische Ermittlung von heterogenen Oberflächenströmungsmustern in der Nähe von Fischaufstiegshilfen” AGIT Journal Angew. Geoinformatik 6 (2020): 206-216.

Käfer (S. 2019) Verbesserung der ökonomischen Effzienz bei gleichbleibender ökologischer Effektivität. WASSERWIRTSCHAFT, Band 109, Ausgabe 10, Seiten 45-47

Thomas Kaufmann, Gerd Frik, Roland Schmalfuß, Gertrud Haidvogl, Jürgen Eberstaller, Helmut Wimmer, Mathias Jungwirth (2018) LIFE+ Traisen: Der lange Weg zum neuen Fluss. Österreichische Wasser-und Abfallwirtschaft, Band  70, Ausgabe 5-6, Seiten 264-271

Oberlerchner D. (2018) LIFE Netzwerk Donau Umsetzung ökologischer Projekte im Spannungsfeld von Kosten und Schutzwasserwirtschaft. Wasserbausymposium 2018 Wasserwirtschaft Innovation aus Tradition, Seiten 147-152 


Luftaufnahme eines naturnahen Baches

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