Wie nachhaltig ist die Digitalisierung?
Think Sustainable – Act Digital: CSR-Tag lud zum Nachdenken ein
Diese Tatsache stand auch im Fokus des diesjährigen CSR(Corporate Social Responsibility)-Tags von respAct. Die führende heimische Unternehmensplattform für verantwortungsvolles Wirtschaften lud am 10. Oktober 2018 unter dem Motto „Think Sustainable – Act Digital: Digitalisierung für eine lebenswerte Zukunft“ zum Austausch und Vernetzen ein. VERBUND sponserte die Nachmittagssession, die sich mit einer spannenden Frage auseinandersetze: Welche Kriterien muss ein digitales Geschäftsmodell erfüllen, damit es auch nachhaltig ist?
„Aus Sicht der Nachhaltigkeit bringt die Digitalisierung viele Herausforderungen“, schildert Roman Mesicek, Leiter des Studiengangs Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement an der Fachhochschule Krems und Leiter des Workshops. So sei es einerseits erfreulich, dass wir heute weniger Papier verbrauchen. Andererseits gebe es aber noch kaum aussagekräftige Zahlen zur Energiebilanz der stattdessen notwendig gewordenen Serverfarmen. „Zudem schenken wir den sozialen Auswirkungen technischer Innovationen zu wenig Beachtung“, sagt der Professor. Ein Beispiel sei das autonome Fahren. Es gebe bereits zahlreiche Teststrecken für den fahrerlosen Verkehr. Wie dieser aber das Leben in unserer Gesellschaft verändern wird? „Dazu existiert kaum Begleitforschung“, meint Mesicek.
Ein nachhaltiges Geschäftsmodell braucht viele Meinungen
Einen Schlüssel für die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle sieht Mesicek im Austausch. „Unternehmen sollten alle relevanten Stakeholder möglichst früh in den Entwicklungsprozess einbinden – von Kunden bis NGOs“, erklärt er. „So lassen sich nicht nur CSR-Faktoren besser einbeziehen, das Geschäftsmodell wird auch besser für den Markt vorbereitet.“ Zudem gelte es, das Out-of-the-Box-Denken zu fördern. Etwa mit kreativen Methoden à la Design Thinking, wie es auch beim Workshop am CSR-Tag angewandt wurde.
Damit die Digitalisierung aber wirklich ihre volle nachhaltige Wirkung entfalten kann, braucht es vor allem eines: erneuerbare Energie. „Sonst sind die Chancen gleich Null“, ist Mesicek überzeugt. „Für jedes Bit benötigen wir Strom. Und wenn der aus einem Kohlekraftwerk kommt, ist auch eine E-Mail nicht nachhaltig verschickt.“
Digitales VERBUND-Wasserkraftwerk nimmt Fahrt auf
Unternehmen wie VERBUND kommt daher eine hohe Verantwortung für die Zukunft zu. Um den Ausbau erneuerbarer Energie voranzutreiben, nutzt Österreichs größter Stromerzeuger die Digitalisierung. Zum einen für sein Kerngeschäft: Aktuell arbeitet VERBUND am ersten digitalen Wasserkraftwerk Europas. Beim Murkraftwerk Rabenstein in der Steiermark testet ein Projektteam über fünf Jahre digitale Technologien, um Betrieb und Instandhaltung sicherer und effizienter zu machen. Die Schwerpunkte reichen von smarten Sensoren über Datenanalytik bis zu 3D-Visualisierung. Aktuell sind erste Testsysteme am Start.
„Darüber hinaus gehen wir an das Thema Digitalisierung strategisch heran, um selbst neue Geschäftsmodelle zu entwickeln“, erzählt VERBUND Experte für Strategie Clemens Theuermann-Bernhardt. „2017 haben wir zum Beispiel ein Digital Center of Excellence aufgebaut. Eine Abteilung, die unternehmensweit ihre IT-Expertise zur Verfügung stellt.“ Welche neuen Geschäftsmodelle VERBUND bereits auf den Markt gebracht hat? Zum Beispiel SMATRICS – ein Joint Venture mit Siemens und OMV. Mit dem smarten Mobilitätsdienstleister stellt das Unternehmen ein flächendeckendes Ladenetz mit mehr als 450 Ladepunkten für Elektroautos parat.
Grüner Wasserstoff und Blockchain in den Startlöchern
„Zudem gehen wir bei Zukunftstechnologien neue Wege“, so Theuermann-Bernhardt. Zum Beispiel bei grünem Wasserstoff. Der saubere Energieträger liefert rund dreimal so viel Energie wie Erdgas. Um sein Potenzial in der Stahlindustrie zu erforschen, hat VERBUND das europäische Leuchtturmprojekt H2FUTURE initiiert. Das Ziel ist, Kohle und Koks durch grünen Wasserstoff zu ersetzen und Industrieprozesse künftig CO2-frei zu machen.
Ein weiteres heißes Eisen ist die Blockchain, ein digitales, fälschungssicheres Kassenbuch. In Salzburg evaluiert VERBUND aktuell mit Partnern – Salzburg AG, Fachhochschule Salzburg und dem Start-up Grid Singularity –, wie sich die Blockchain bei der Verteilung von Photovoltaikstrom in Mehrparteienhäusern einsetzen lässt. Mittels einer App steuern die Bewohner ihre Anteile am Sonnenstrom auf Basis ihrer Verbrauchserwartung.
Nehmen wir Kurs auf die smarte grüne Welt?
Die Aussichten in der Energiebranche sind somit vielversprechend. Steuern wir auch insgesamt auf eine smarte grüne Welt zu? „Zumindest auf eine smarte“, meint Professor Mesicek vorsichtig. Denn die Diskussion über die möglichen Umweltauswirkungen der Digitalisierung führen wir erst kurz. Aktionen wie der CSR-Tag von respAct tragen dazu bei, diese Debatte anzuregen. „Ich hoffe, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer viel mitgenommen haben“, so Mesicek, „und dass sie das eine oder andere in ihrem Unternehmen einbringen werden.“
Ihr wollt mehr über digitale Geschäftsmodelle und gesellschaftliche Verantwortung erfahren? Dann legen wir euch dies Podcast von Roman Mesicek und Annemarie Harant ans Herz: Tonspur N.
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Literaturquelle: Smarte grüne Welt (Steffen Lange, Tilman Santarius)